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Baureihenschema für Triebwagen der japanischen Eisenbahn

Das Baureihenschema der Triebwagen basiert nicht auf einem Schema für Lokomotiven, sondern auf dem für Wagen. Es werden Eigenschaften der Fahrzeuge kodiert, sowohl im 'Buchstaben'-Teil (Kana), als auch im numerischen Teil.

Geschichte

  • 1909 wurde das erste landesweite Schema entwickelt um die bunte, nach der Verstaatlichung der meisten Eisenbahnen im Jahr 1906/07 entstandene Fahrzeugflotte zu ordnen.
  • 1928 wurde die Struktur reformiert um die neuen Antriebsarten wie Diesel und Elektro besser darzustellen.
  • 1957 wurde die Struktur wiederum reformiert und den neuen Gegebenheiten angepasst. Diese Struktur wird hier hauptsächlich dargestellt-
  • 1987 wurde die Bahn privatisiert und in 7 Regionalgesellschaften, eine Frachtgesellschaft und die Shinkansengesellschaft aufgespalten. Ab diesem Zeitpunkt pflegten alle Gesellschaften eigene Baureihenbezeichnungen

Vergleichbarkeit

Das System ähnelt dem Deutschen System zur Benennung von Triebwagen wie es vor den EDV-Nummern verwendet wurde, ist aber keine direkte Entsprechung. So sind bei uns die Baureihen einfach durchnummeriert, wohingegen im japanischen Schema auch im Zahlenteil eine Bedeutung eingearbeitet ist.

Beispiele
KiHa VT Dieseltriebwagen
KiKu VS Steuerwagen für Dieseltriebwagen
KiSa VB Beiwagen für Dieseltriebwagen
MoHa ET Elektrotriebwagen

Wie sehr die Japaner Dieseltriebwagen mögen sieht man vielleicht auch daran, dass der Eintrag in der japanischen Wikipedia zum VT/VS/VB98 um Längen ausführlicher und detaillierter ist als die Beschreibung in der deutschen Wiki. Schon irgendwie beschämend.

Wildwuchs

Derartige Systeme neigen zu Inkonsistenzen und Wildwuchs über die Verwendungsdauer. Zusätzlich verkomplizierte die Privatisierung der japanischen Eisenbahn, 1987, in dem einige der Folgeunternehmen das System weiterführten, aber unabhängig voneinander, während andere die Baureihen komplett, oder auch nur teilweise umbenannten. Neu- und Umbauten wurden wahlweise im alten Schema, einer Änderung davon, oder komplett neuen Bezeichnungen versehen wurden.

Eingrenzung

Dieser Eintrag ist auf Fahrzeugarten beschränkt die als Modelle Vorliegen, sowie das direkte Umfeld.

Aufbau

Der prinzipielle Aufbau besteht aus 1-3 Kana Buchstaben 1) sowie Ziffern.

Buchstaben

Erste Stelle

Die erste Stelle kennzeichnet die Antriebsart.

1. Stelle
Ki (Diesel-)Triebwagen
Ji Dampftriebwagen
Mo Elektrotriebwagen („M“otor)
HB- Hybridtriebwagen (Nur JR-Ost)
GV- Dieselelektrisch (Nur JR-Ost)

Die letzten beiden Zeilen, mit lateinischen Buchstaben, sind Beispiele für vielfältige, wenig systematische Kennzeichnungen aus neuerer Zeit, hier bei JR-Ost. Wobei da innerhalb JR-Ost die Benennung nicht einheitlich ist und es wird der gleiche Triebwagentyp scheinbar mal mit Kana und mal mit lateinischen Kennzeichen geführt.

Interessant auch, dass der japanische Begriff für Dieseltriebwagen (気動車) aus dem für Dampftriebwagen (蒸気動車) durch weglassen des 'Dampfs' abgeleitet wurde, also einfach nur Triebwagen heißt.

Zweite Stelle

Die 2. Stelle gibt an ob mit/ohne Motor und mit/ohne Führerstand

2. Stelle
(ohne) Triebwagen mit oder ohne Führerstand
Ku Steuerwagen ohne Motor („K“abine)
Sa Beiwagen (ohne Motor und ohne Führerstand )

Bei Elektrotriebwagen gibt es Entwicklungsbedingt ein 'Drehen' der ersten Stellen. Ursprünglich wurden Elektrotriebwagen als `Mo' bezeichnet. Als auch solche ohne Führerstand entstanden, wurden diese als KuMo umgezeichnet, z.B. MoHa 30 → KuMoHa 30, was später aber in der Bedeutung verändert wurde um einen Wagen mit Führerstand und Motor zu kennzeichnen:

Ku Mo クモ 2) Elektrotriebwagen mit Führerstand („K“abine „M“otor)

Dies führt dazu das MoHa, KuMoHa und KuHa das gleiche Fahrzeug zu verschiedenen Zeiten und Revisionen bezeichnen kann. Die Situation war aber ab den 1960er Jahren weitgehend einheitlich - bis es sich im Rahmen der Privatisierung 1987 wieder aufspaltete.

Dritte Stelle

Die 3. Stelle bezeichnet die Verwendung:

3. Stelle
I Ne イネ 3) Schlafwagen erster Klasse
I Te イテ Aussichtswagen erster Klasse
E Rettungswagen
Ro Erste Klasse bzw. Grüner Wagen 4) (siehe unten)
Ha Normaler Wagen 2. Klasse (siehe unten)
Shi Speisewagen
Ra Buffet-/Gesellschaftswagen
Ru Sonstige Fahrzeuge
Yu Postwagen
Ni Gepäckwagen
Ya Dienstwagen
Wa Frachtwagen

Die Bezeichnungen für die Klassen haben sich im Laufe der Zeit geändert:

Bis 1960 Bis 1969 Ab 1969 Heute
Ro Zweite Klasse Erste Klasse bzw. Grüner Wagen 5) - Joyful Trains
Ha Dritte Klasse Zweite Klasse Standardklasse

Diese Kennungen werden auch bei Wagons verwendet, nicht nur bei Triebwagen(zügen). Dort gibt es dann noch eine Hand voll mehr.

Ein KiHa ist also ein zweiter Klasse (Standard) Triebwagen, ein KiRo6) entsprechend ein erste Klasse (ein grüner) Triebwagen. Ähnlich wie beim deutschen System können mehrere Verwendungsbuchstaben kombiniert werden wenn der Wagen mehrere Funktionen/Bereiche bietet. Ein KiHaYuNi Ist dann z.B. ein Dieseltriebwagen mit 2. Klasse, Gepäck- und Postabteil.

Ein schönes Beispiel gibt dieses Bild aus der japanischen Wikipedia, auf dem sich zwei Aussichtszüge Züge auf der Yodo-Linie derShikoku Eisenbahn am Bahnhof Ekawasaki treffen:

Titel: KiKuHa 32 501 + Kiha 185-20 „Seiryu Manto No. 51“ (links) und Kotora 152462 + Kiha 54 „Seiryo Manto No. 2“ (rechts)

Die 'Entschlüsselung' ist bei dem Zug auf dem linken Gleis einfach:

  • ein Diesel-Zweirichtungs-Triebwagen KiHa 185, sowie
  • ein Neubau-Aussichtswagen KiKuHa 32, also einem
    • Ki Triebwagen
    • Ku ohne Antrieb (= Steuerwagen)
    • Ha Zweiter Klasse

Wobei das 32 vielleicht etwas verwirrend ist, da diese Serie eigentlich aus den Der Triebwagen wurde zwar der KiHa 32 Serie zugeordnet, ist aber ein Neubau von 1997 unter Verwendung alter Teile.

Der Zug auf der rechten Seite hingegen kann verwirren:

  • ein Diesel-Zweirichtungs-Triebwagen KiHa 54, sowie
  • ein Umbau-Aussichtswagen KoToRa 152462. In diesem Fall aus einem Güterwagen und daher entsprechend dem Schema für Güterwagen bezeichnet
    • Ko (コ) Inspektionswagen
    • To (ト) Offener Güterwagen (von „Truck“)
    • Ra (ラ) 17-19 Tonnen Gesamtgewicht

Beim 1984 erfolgten Umbau aus einem ToRa 45000 Güterwagen hat der Beiwagen seine Wagennummer behalten. Das Ko ist dabei wohl ein beabsichtigter Anachronismus, dieser Buchstabe seit 1966 nicht mehr Inspektions- sondern für Containerwagen bezeichnet.

Wie immer gibts bei solchen Systemen Kombinationen die trotz all der scheinbaren Genauigkeit eben alles andere als genau sind. So ist ein SaRoHa zwar immer ein nicht angetriebener Mittelwagen mit Erster und Zweiter Klasse, ob es aber zwei Bereiche hintereinander, oder ebenen in einem Doppelstockwagen (wie beim SaRoHa 371-1 muss man halt wissen. Die Alternative wäre der Buchstabenwulst wie bei uns … der dann aber im entscheidenden Fall auch wieder Details offen lässt.

Besonderheit Lokomotiven

Während bei den staatlichen Eisenbahnen (JNR) Lokomotiven von Anfang an mit einem eigenen Baureihenschema mit lateinischen Buchstaben bezeichnet wurden, verwendeten Privatbahnen, gerade solche die sonst nur Triebwagen einsetzen, auch hier das (Trieb-)Wagenschema. So ist die Ki 10 der Mikawa Eisenbahn eine 4-achsige Elektrolok. Andere Eisenbahnen, wie die Ichibata Bahnen oder die Meitetsu in Nagoya bezeichneten ihre (e)Loks as DeKi (デキ) um sie sie von regulären Triebwagen zu unterscheiden.

Ziffern

Ähnlich wie bei den Buchstaben klassifizieren die Ziffern das Fahrzeug ebenfalls. Bis 1987 wurde eine zweistellige Nummerierung verwendet. Danach je nach Gesellschaft und Jahr unterschiedliche Systeme, bei denen meist nru die erste Ziffer direkte Aussagekraft hat.

Erste Stelle

Die erste Stelle erlaubt eine begrenzte Einstufung nach Antriebsart und Geschwindigkeit

1. Stelle
0 Mechanische Kraftübertragung
1-4 Dieselhydraulisch mit einem Motor
5 Dieselhydraulisch mit zwei Motoren
6,7 Hochleistungsmotor
8 Expresszug (特急形)
9 Prototypen
Zweite Stelle

Die zweite Stelle wird verwendet um Einrichtungs- und zweirichtungswagen zu unterscheiden und Baureihen durchzunummerieren Wobei es dabei auch wiederum Ausnahmen gibt, z.B. führerstandslose Triebwagen mit einer Null am Ende.

2. Stelle
0-4 Zweirichtungsfahrzeige (Führerstände an beiden Enden)
5-9 Einrichtungsfahrzeug oder Motorwagen (ein oder kein Führerstand)

Grundsätzlich erhalten alle wagen eines Mehrwagenzuges die gleiche Nummernkombination, außer bei Expresszügen, bei denen die letzte Stelle zum Durchnummerieren der einzelnen Typen verwendet wird. Ein KiHa 40 ist entsprechend ein Zweirichtungs-Dieseltriebwagen zweiter Klasse für den normalen Einsatz.


P.S.: bei den Recherchen blieb dann noch ein KiSaHa übrig - der passt irgendwie in gar kein Schema.

1) Die Kana-Schrift basiert auf einem System mit 50 Silben bzw. Moren, die in diesem Zusammenhang die gleiche Funktion erfüllen wie Buchstaben in der lateinischen Schrift. Wobei, so einfach ist es nicht, gibt es doch nochmals 25 mit einem diakritischen Zeichen (Zwei davon werden hier gebraucht) und 36 Digraphen. Und dann noch mal ne Hand voll 'neuer' Digraphen die für Fremdwörter verwendet werden, aber fast keiner kennt :)
2) Ausgesprochen gleichbedeutend mit Spinne
3) Ausgesprochen gleichbedeutend mit Reis
4) , 5) Zuschlagspflichtiger Wagen mit höherem Komfort der durch ein grünes Band unter den Fenstern gekennzeichnet war, daher der Name
6) Gesprochen Kilo wie Kilogramm
vorbild/baureihenschema_triebwagen_japan.txt · Zuletzt geändert: 2023/04/19 21:48 von admin